Gespräch mit Wenzel Storch

geführt anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Die wunderbunte Welt des Wenzel Storch"

am 7. April 2013 im iRRland, München



Schrottland: Hallo und herzlich willkommen, Wenzel Storch. Du wurdest durch Deine drei surrealen Filme bekannt. Wie wurdest Du vom Filmemacher zum Maler und Autoren?


Wenzel Storch: Ich bin mir gar nicht sicher, ob das surreale Filme sind. Die Leute denken ja immer, wenn man drei Filme gemacht hat, wäre man Filmemacher. Ich habe aber nebenher immer auch Bilder gemalt, Bastelarbeiten oder Fotomontagen gemacht. Die Bilder sind auch in die Filme eingeflossen. In meinem ersten Film "Der Glanz dieser Tage", der so eine Art Meßdiener-Report ist, in dem ein Pfarrer mit seinen Meßdienern durch ein apostolisches Wunderland tobt, sind relativ viele Trickszenen drin, für die ich Bilder gemalt habe. Für das Bilderbuch "Arno&Alice" habe ich Bilder zweitverwertet, die eigentlich als Trickszene für den ersten Film dienten.


Das Bilderbuch ist entstanden, weil ich einen Stapel von Bildern in irgendwelchen Mappen zuhause liegen hatte, die teilweise 20 bis 30 Jahre alt waren. Ich fand immer schade, dass die nicht veröffentlicht sind. Dann habe ich meine Texte für konkret, angefangen mit einer Serie über den "Speckpater", mit Bildern aus meiner Sammlung illustriert, weil ich Texte alleine langweilig finde. Der Grundstock für die Illustrierung waren Bilder, die ich aus in Containern gefundenen Zeitschriften. Später habe ich angefangen, selbstgemalte Bilder einzubauen.


Also warst Du schon immer ein Allround-Künstler... und hast nur das zuerst das Etikett "Filmemacher" bekommen und wurdest erst jetzt zum Autoren gestempelt..


Das mit dem Schreiben hat sich so ergeben, weil ich keine Lust mehr hatte, Filme zu machen. Der dritte Film [Die Reise ins Glück, Anm.] war für mich persönlich völlig katastrophal. Wir hatten in Hildesheim eine große Lagerhalle angemietet und mit Kulissen vollgestellt. Da das ein psychedelischer Märchenfilm werden sollte, mussten wir die Innenräume für ein großes Schneckenschiff und ein Schloss bauen. Zum Schluss standen dann tausend Quadratmeter mit teilweise sechs oder sieben Meter hohen Kulissen voll, und dann war keine Kohle mehr da. Das wurde dann dramatisch und ist eine traurige Geschichte, die ich hier nicht auswalzen will. Der Film war im Kino dann ein Flop. Er hatte zwar super Kritiken, aber insgesamt haben ihn nur 16000 Leute gesehen. Das sind natürlich unglaublich viele, wenn man sie sich in einem Raum gepfercht vorstellt, aber eben nicht viel für einen 35mm-Film mit vielen Tierszenen, bei dem deswegen auch ganz viel Filmmaterial verballert wurde. Der Film war also fertig und ich hatte überhaupt keinen Bock mehr, nochmal einen Film zu drehen.


Zu meine Texten für die konkret kam es, als ich dort mal eine Bemerkung von Hermann L. Gremliza über den "Speckpater" gelesen habe, in der er sich darüber wunderte, was es alles so gibt in dieser katholischen Szene. Und nachdem dieser Mann mir sehr geläufig war aus meiner Kindheit, habe ich der konkret vorgeschlagen, ein Porträt über den "Speckpater" zu schreiben. Im Grunde also purer Zufall.


Also verstehe ich mich auch nicht als Autor oder als Maler, sondern ich mache dann eben irgendwelche Sachen. Im Moment ist es eben schreiben und malen. Vielleicht mache ich auch mal wieder einen Film.


Bist du aus der heutigen Sicht zufrieden mit Deinen drei Filmen?


Man soll ja als Regisseur die eigenen Filme nicht schlecht machen... und außerdem sind die ja auch gar nicht schlecht. Den ersten Film finde ich sehr gut. Den zweiten - "Sommer der Liebe", eine Art Langhaarigen-Report oder ein Hippie-Verherrlichungsfilm - auch, der war relativ erfolgreich und wahrscheinlich der im Kino meistgezeigte Super-8-Film ist, abgesehen von Porno-Filmen natürlich, den haben über 30000 Menschen gesehen. Der dritte Film ist bei mir persönlich nicht so gut besetzt durch die fiesen Umstände, ist aber eigentlich auch ganz schön.


Die Filme sind immer aus dem Nichts entstanden. Das ist das gute bei Filmen, dass man vorher nicht weiss, was daraus wird und ob es überhaupt funktioniert. Ich habe immer Ausstattungsfilme gemacht, weil ich nie das Interesse hatte, in der wirklichen Wirklichkeit zu drehen. Die Wirklichkeit finde ich gar nicht so gut, die habe ich ja, wenn ich das Fenster aufmache und rausgucke, das muss ich nicht noch verdoppeln. Es ging mir darum, eine bessere, eine künstliche Welt zu bauen, in der ich Lust habe, mich mit der Kamera zu bewegen. Eine bessere Welt herstellen, so wie Karl Marx es ja schon vorgeschlagen hat.


Dann scheitert man aber immer an den finanziellen Mitteln, denn Filme sind sehr teuer. Früher vor allem wegen dem Filmmaterial, heute ist das wegen digitaler Technik nicht mehr das Problem. Wenn man aber einen Ausstattungsfilm machen und z.B. ein katholisches Wunderland bauen will, braucht es zumindest eine Kirche. In unserem Fall war das Budget aber so gering, dass wir auf den Sperrmüll angewiesen waren. Dann ist aber sofort die Wirklichkeit wieder da, weil man aus Bruchstücken, aus weggeworfenen Resten der Wirklichkeit diese neue, schönere Realität zusammen baut. So könnte man das vielleicht filmtheoretisch betrachten.


Da sind dann viele Faktoren und auch Zufall im Spiel. Man weiß nicht, ob etwas funktioniert und wie es später aussieht. Die ersten Kulissen waren immer so wackelig dass sie kaum einen Drehtag überlebt haben.


Beim letzten Film [Die Reise ins Glück] wurden dann einfach Grenzen überschritten. Wir hatten eine Lagerhalle vollgebaut mit Kulissen, wir konnten die Halle nicht heizen, es gab keinen Wasseranschluss und der einzige Luxus war ein Dixie-Klo draußen vor der Tür. Wir haben dann Kulissen aus Holz und Metall zusammengeschraubt und geschweißt, und waren immer in Sorge, dass wegen der Kälte vielleicht irgendwann die Schweißnähte aufgehen. Die Darsteller mussten dann unter und in diesen Kulissen agieren. Das war dann nur noch eine Belastung irgendwann.


Was ist denn aus den Kulissen geworden?


Die sind eigentlich da gelandet wo sie herkamen. Viele Kulissen kamen ja vom Sperrmüll.

Bei den großen Teilen war das Problem, dass die tonnenschwer waren. Wir hatten für den Film eine stillgelegte Gießerei geplündert. Die hatten sehr geil aussehende Gussformen, die ich unbedingt haben wollte. Da haben wir dann immer nachts diese Fabrik ausgeräumt.


Diese Teile haben sich dann später aber als Sondermüll herausgestellt, die konnten wir gar nicht zum Schrott bringen. Dieser ganze Scheiß musste dann entsorgt werden. Wir haben dann einen Kneipenbauer gefunden und ihm die ganzen Gussformen geschenkt unter der Bedingung, dass er alle nimmt. Der hat sich zuerst total gefreut, nur als er sie abgeholt hat war die Freude nur noch halb so groß. Er musste mit riesigen Lkws Unmengen von diesen Kulissen abtransportieren. Aber angeblich gibt es jetzt irgendwo in Deutschland Kneipen, die mit Kulissenteilen aus "Die Reise ins Glück" ausgestattet sind... Und der Rest ist im Müll gelandet, was für mich dann eine totale Entlastung war.


Dann gehen wir doch gleich wieder in die Zukunft: Hast Du Pläne oder Ideen für einen neuen Film? Jetzt könnte man das mit digitalen Mitteln ja einfacher realisieren.


Ich hatte lange gar keine Lust. Das Problem: Ich würde wieder einen Ausstattungsfilm machen wollen, und auch gerne mit Tieren drehen. Tiere auf der Leinwand schau ich mir gerne an, und mit Tieren drehen find ich auch ganz gut.


Ich würde gerne mal einen Kafka-Film drehen. Die, die es gibt finde ich alle nicht gut. Einen lustigen Film über Depressionen, einen guten Action Film: Kafka würde sich immer wenn er ganz dolle Depressionen hat in Super-Kafka verwandeln. Da müsste man aber die halbe Altstadt von Prag nachbauen.


Du kannst ja wieder auf eine Trickszene zurückgreifen.


Ich bin auch ein wenig demoralisiert, weil meine Filme immer große Kritikererfolge waren. Bei "Die Reise ins Glück" war die Presseresonanz vollkommen verblüffend für mich, das ging von der Bild-Zeitung bis in die ganzen Feuilletons, eine ganze Seite in der Zeit, im Spiegel, vier Seiten Titanic, sechs Seiten Rolling Stone, zwölf Seiten Fotoreportage in GEO. Davon träumt natürlich jeder Kleinverleih. Man denkt, die Kinos würden dann aus allen Nähten platzen, aber der Film ist dann relativ schlecht gelaufen.


Da ich das jetzt bei drei Filmen so erlebt habe, glaube ich ich bin jetzt nicht der richtige Typ, um Mainstream- oder richtig erfolgreiche Filme zu machen. Die Filmförderungen sind ja immer mehr wirtschaftsorientiert. Wenn zu wenig Leute reingehen, rücken die einfach keine Kohle mehr raus. Und dann kommt noch dazu, das Filmmachen eine richtige Schinderei ist. Und ich komme langsam in das Alter, wo man auch mal verschnaufen muß.


Vielleicht findest du ein jüngeres Ich, das das dann für dich realisiert.


Es müsste einfach ein Produzent kommen, mit den Taschen voller Geld, der unglaublich tolerant ist und sagt "Du kannst machen was Du willst." Dazu kommt noch: Ich bin ja nicht filmbegeistert, ich bin kein Cineast und nur so reingerutscht in diese Sache.


Das erledigt dann eigentlich die nächste Frage.. Hast Du jemals eine Ausbildung zum Filmemacher gehabt, oder hast Du das mal vorgehabt?


Ich hoffe, dass man meinen Filmen ansieht, dass ich keine Ausbildung zum Filmemacher hatte. Ich glaube auch nicht, dass man lernen kann einen guten Film zu machen. Man kann natürlich irgendwelche Techniken lernen. Das hat mich aber nie interessiert. Ich habe ja auch immer mit Laiendarstellern gedreht, nicht aus dem Grund weil ich mir diese tollen deutschen Schauspieler nicht leisten kann, sondern weil ich diese tollen deutschen Schauspieler in den selbstgebastelten Kulissen gar nicht sehen wollte. Der Hauptdarsteller Jürgen Höhne, da wüsste ich keinen Profischauspieler, der den ersetzen könnte.


Aber Du hattest den Synchronsprecher und bekanntesten Märchenerzähler Hans Paetsch dabei, der auch bei Lola rennt mitgewirkt hat...


Lola rennt fängt tatsächlich sehr ähnlich an wie "Sommer der Liebe". Ein fast ähnlicher Text am Anfang, und Tom Tykwer hat auch wie wir Hans Paetsch als Sprecher genommen. Hans Paetsch ist wahrscheinlich genauso für Tom Tykwer wie für mich die Märchenerzählerstimme der Kindheit. Wenn man in den sechziger Jahren groß geworden ist, war das der Märchenonkel.


Ich hatte irgendwo her die Telefonnummer von Hans Paetsch bekommen und ihn angerufen. Der hat einen Anrufbeantworter, der sich selbst schon wie eine Märchenplatte anhört. Er war nicht da, und ich habe dann alle Stunde bei ihm angerufen, und mich dabei langsam besoffen. Mir war bei jedem Anruf klar: Das ist die perfekte Stimme für den Film. Mit jeder weiteren Stunde wuchs die Angst, dass er jetzt ans Telefon geht, weil ich ja schon betrunken war und auch gar nicht wusste, wie ich ihm verklickere, dass ich gerne hätte, dass er der Erzähler für meinen Film wird, ich ihm aber kein Geld dafür geben kann. Ein paar Tage später hab ich ihn dann erreicht, und er hat sofort zugesagt für einen dumping-Preis von 200 oder 300 Mark. Damit das nicht so aufwändig wurde, haben wir das bei ihm zuhause aufgenommen. Für mich war das eine sensationelle Situation, leibhaftig in das Haus dieser geilen Stimme zu fahren, die man als Kind immer im Kinderzimmer gehört hat.


Bei "Die Reise ins Glück" ist es dann Friedrich Schönfelder gewesen, Hans Paetsch lebte da schon nicht mehr. Schönfelder kennt man als "Gentleman-Stimme" in deutsch-synchronisierten Hollywood-Fillmen, z.B. als die Stimme von David Niven. Schönfelder hat später erzählt, dass es bei uns das grässlichste Synchronstudio und die grässlichste Synchronerfahrung seines Lebens war bei uns. Es fing damit an, dass er schwarz mit der U-Bahn gefahren ist, weil er irgendwie diese neuen modernen Automaten nicht verstanden hat. Und dann war das ein billiges Studio, in einem Keller im Hinterhof... Schönfelder hat ja auch in Edgar Wallace-Filmen mitgespielt - genau so sah es da aus, katakombenartig. Ein alter Mann, der mit dem Stock über Schuttberge in ein Kellerstudio klettern musste. Er hatte Sorge ob er da lebendig wieder rauskommt... Das lief dann aber alles total super. Ich hatte aber Sorge, dass er - weil er schon so alt war, vielleicht irgendwann mal pissen muss. Alte Männer müssen ja mal auf Toilette. Es gab aber nur im Innenhof eine Toilette, den ganzen Weg durch die Katakomben zurück. Die Toilette war total zugekackt, die war völlig verschmiert und schrecklich, und ich hab gehofft, er müsse nicht pissen.


Das lief auch alles glatt, nach einer dreiviertel Stunde war das alles eingesprochen, und war er schon Richtung U-Bahn. Wir haben dann im Studio gesessen, dann hörte man so Tock-Geräusche, und es kam plötzlich ein Spazierstock um die Ecke. Das war dann Herr Schönfelder, der nochmal auf Toilette musste. Er hatte sich irgendwie zurückgetappt. Wir haben ihn dann da hochgeführt, er ist in der Toilette verschwunden, dann verstrich eine Sekunde, da muss er wohl den Klodeckel hochgeklappt haben. Dann hörten wir nur ein Gelächter, wie aus einem Edgar Wallace-Film. Er hat sich totgelacht hinter dieser Tür und kam dann grinsend raus.


Auf Deiner gestrigen Lesung hast Du im Zuge der Dreharbeiten von "Der Glanz dieser Tage" immer wieder von "wir" gesprochen. Wer war eigentlich "wir"? Gab es einen festen Kern, der an den Filmarbeiten beteiligt war? Wie waren denn Deine Mitbewohner von damals daran beteiligt?


Im ersten Film war das so: Diese Bilder von dem gammligen Haus, die ich gezeigt habe.. das war der Ort wo sich das Filmteam heraus rekrutiert hat. Im Grunde sind die Leute, mit denen ich zusammengewohnt habe damals automtisch das Drehteam gewesen, und es gab nur ein oder zwei Leute, die da von außerhalb kamen.


Aber dann bist Du schon das kreative Zentrum, von dem alles ausgeht... oder habt Ihr Euch beim ersten Film auch zusammen Themen überlegt.


Meine Filme waren keine Kollektivarbeit. Einmal bin ich der Motor. Wenn ich aufhöre, bleibt alles stehen, weil von sich aus keiner weitermacht. Ich habe auch das Buch geschrieben, obwohl bei "Der Glanz dieser Tage" relativ viele Ideen aller Beteiligten eingeflossen sind. Beim Drehen gab es dann eine sehr klare Teilung. Ich habe Regie und Kamera gemacht. Diet Schütte hat fast immer die Musik, sein Bruder Iko die Geräusche und den Schnitt gemacht. Zum Team gehörte auch immer Matze Hänisch, der besonders bei den Trickszenen wichtig war. Die Kulissen im ersten Film haben wir zu zweit gemacht. Der zweite Mann in dem Fall war Thomas Krügerke. Ich habe auch nie verstanden, dass man einen Ausstattungsfilm macht und dann einen eigenen Ausstatter hat. Wenn man aus Sperrmüllsachen was zusammenbaut, macht es ja keinen Sinn, irgendwelche Leute loszuschicken und die irgendwas bauen zu lassen, weil das dann ja wahrscheinlich so aussieht wie es einem nicht gefällt.


Hast Du noch Kontakt zu deinen ehemaligen MitbewohnerInnen und den Mitwirkenden Deiner Filme?


Das ist unterschiedlich. Im ersten Film waren die Mitarbeiter mein direkter Freundeskreis. Manche Freundschften sind auseinandergedriftet, andere nicht.


Bei den Darstellern waren viele dabei, mit denen ich näher gar nichts zu tun hatte. Bei "Sommer der Liebe" zum Beispiel brauchten wir ganz viele Langhaarige. Da sind wir in eine Disko gegangen, und wenn einer ein bisschen gut getanzt hat, ist man da hin und hat gesagt, man dreht einen Film. Die sind alle auch gekommen, das ist vielleicht auch spezifisch für Hildesheim.


Man muss sich das jetzt auch nicht wie eine Filmfamilie vorstellen wie bei Fassbinder, wo alle gemeinsam in einer Wohngemeinschaft gewohnt haben und eine gemeinsame Lebenseinstellung geteilt haben.


2009 hast Du das Musikvideo zu "Altes Arschloch Liebe" von Bela B gedreht. Wie kam die Zusammenarbeit mit Bela B. zustande?



Das ist ja übrigens mein erfolgreichster Film... Den Clip haben tatsächlich zehnmal so viele Leute wie alle meine anderen Filme zusammen gesehen, der hatte über eine halbe Million Zuschauer.

Entstanden ist das dadurch, dass Bela B seit Urzeiten schon Fan meiner Filmsachen ist und ich vor ewigen Jahren schon einen Clip für Wiglaf Droste drehen sollte, in dem Bela B. Nana Moskouri spielt, eine Coverversion von dem Nana Mouskouri-Lied von Funny van Dannen.


Wiglaf, Funny und mir ist nichts eingefallen ist, dann sind wir in eine Kneipe gegangen, weil wir dachten, dass es mit Alkohol besser geht. Wir haben dann Alkohol getrunken, und uns ist wieder nichts eingefallen, außer dass Bela B als Nana-Muskouri-Darsteller ganz gut wäre. Irgendwie ist das dann versandet, ich weiß gar nicht warum. Udo Lindenberg hat dann ein Jahr später dasselbe Lied gecovert, und hatte einen Riesenhit damit. Das Video ist aber glaub ich nicht besser als das was wir gedreht hätten... ohne uns viel Mühe zu geben.


Mit dem Video zu "Altes Arschloch Liebe" ist es eher Zufall gewesen, als dass gerade "Die Reise ins Glück" auf DVD rausgekommen ist. Bela B. hat 30 Stück bestellt, um ein Jahr lang seinen besten Freunden das zum Geburtstag zu schenken. Das war genau die Zeit, in der dieser neue Clip ins Haus stand, und so hat er mich gefragt.

Das ist auch die einzige Filmarbeit die sensationell bezahlt war für meine Verhältnisse, weil ich die auch selber produziert habe und ein richtiges Regiehonorar bekommen habe.


Anderes Thema: In dem Reise ins Glück gibt es ja die Tellerlip Band, die black-faced sind...

Es gab ja kritische Stimmen, dass schwarze Menschen dort als "Wilde" dargestellt werden, und die Methode des Black-Facing hat ja einen rassistischen und kolonialistischen Hintergrund.. Wie siehst Du das? Und warum hast Du das gemacht?


Es gab tatsächlich gar keine kritischen Stimmen. Die einzige kritischen Stimmen die ich mal erlebt habe war auf der internationalen Premiere in Montreal, das war ein Riesenkino mit 800 Leute, eine vollbesetzte Premierenveranstaltung, und da sind genau bei dieser Szene geschlossen 10 Leute rausgegangen. Ansonsten ist da nichts weiter passiert.


Proteste gab es bei "Sommer der Liebe". Da gab es eine ähnliche Szene: Da gibts eine Open-Air-Konzert, bei dem schwarze Musik gespielt wird. Und da hatten wir jemand so schuhcremeartig angemalt der dann auf eine Lakritze-Geige deutsche Volkslieder geigt. Das war dann einer der Gründe, weswegen der Film wegen Sexismus und Rassismus dann aus einem Göttinger Kino geklaut wurde.


Reise ins Glück ist ja so eine Art Märchenfilm. Ganz viel ist durch Zufall entstanden. Wir wussten überhaupt nicht, was für eine Schiffscrew in diese Kulissen passt. Wir hatten zuerst so komische Haremswächter-artige Gestalten, das sah alles karnevalsmässig aus.Und dann ist mir diese Idee wieder eingefallen mit diesem Stehgeiger. Dann haben wir einfach möglichst dicke Darstellerinnen schwarz angemalt. Das passte unglaublich gut in diese Kulissen und diese rundlichen Formen dieser geklauten Gußteile, aus denen ja das Schiffsinterieur zusammengeschraubt war. Und echte Farbige hätte ich mir nicht leisten können, und da hätte ich auch eine Dolmetscher gebraucht, und deswegen haben wir diese gefaketen Darsteller genommen.


Dein neues Buch “Das ist die Liebe der Prälaten” behandelt die Anstands- und Aufklärungsliteratur der katholischen Kirche: Trotz allem Spott, den Du auf den Klerus gießt: Schwingt vielleicht doch eine gewisse Faszination für die Kirche und ihre Riten mit?


Ich finde nicht dass ich da Spott ausgieße. Ich bin ja katholisch aufgewachsen und fand ganz viele dieser katholischen Sachen lange Zeit faszinierend. Das hat sich jetzt inzwischen so ein bisschen gegeben. Wenn ich so ein Porträt schreibe über Pater Leppich - der als "Maschinengewehr Gottes" als Wanderprediger über die Reeperbahn gezogen ist und seinen Orden zur SS des Papstes hochstilisiert hat - das sind ja problematische und gruselige Gestalten, die ich auf eine Art aber auch hochleben lasse.


Ich habe jetzt keine Ehrfurcht davor, finde aber das hat Unterhaltungswert. Ich lasse immer sehr viele Originaltexte einfliessen, die auf ihre Art für sich sprechen. Das ist ein sehr bizarres Paralleluniversum und eine versunkene Welt. Ich beschäftige mich mit dem Zeitraum Ende der 40er bis Ende der 70er Jahre. So wie damals die katholische Kirche in ihren Magazinen, Zeitschriften und Büchern aufgetreten ist, ist das heute total unbekannt und teilweise einfach komisch.


Du hast ja aber trotzdem eine Art ironische Distanz zur Kirche. Du stellst ja nicht nur dar, sondern Du beurteilst ja auch.


Ich hab da natürlich eine totale Distanz zu. Für mich ist es aber schwer das selber zu analysieren.


Du bist ja mit diesen Texten auch aufgewachsen.


Ja Gott sei Dank. Sonst könnte ich diese Texte nicht schreiben. Es gibt Autoren die fieberhaft nach Themen suchen. Aber wenn man mal katholisch war dann hat man das Thema was einen nie wieder loslässt.


Ich bin ja immer noch in zwei katholischen Vereinen drin. Ich bin im "Goldenen Buch des Bonifatiuswerkes" als "ewiges Mitglied" eingetragen, und ich bin "immerwährendes Mitglied" im "Palottiner-Messbund". Da haben meine Eltern mich ohne mein Wissen angemeldet. Und da kann man auch nicht austreten. Dadurch kommt das, was Du da eben als Spott bezeichnet hast, ja eigentlich von offizieller Seite.


Nochmal zu Deinem letzten Buch "Arno&Alice". Die Zeichnungen sind ja wirklich sehr unterschiedlich, mit unterschiedlichen Zeichenstilen. Wie hast Du denn dafür gearbeitet? War zuerst der Text da und dann die Bilder, oder andersrum?


Das ist eine Mischung aus alten Bilder, die es schon gab und neu gezeichneten. Die Grundidee hat einmal damit zu tun, dass ich im letzten Jahren relativ viel von Arno Schmidt gelesen habe, und ihn von der Biografie her ganz interessant fand. Es gibt noch keine gute Arno-Schmidt-Biografie, dann habe ich gedacht, ich könnte versuchen mal eine gute zu schreiben.


Hast Du dafür auch richtig recherchiert?


Richtig recherchiert wäre übertrieben. Ich habe in den letzten Jahren aus Interesse so ein paar biografische Sachen über den gelesen. Zu den wenigen Sachen die ich tatsächlich dann gezielt durchgelesen habe, ist ein Aufsatz über seinen Drogenkonsum. Er hat sich zum Schluss seines Lebens Unmengen von Pillen reingepfiffen und hat das Spätwerk offenbar in einem fast schon beduseltem Zustand geschrieben.


Mit den Bilder ist es so: Es gibt eine Reihe von alten Bilder, die ich über die Jahre, also nachträglich, immer noch gut fand, und auf dem Wege hatte ich die Möglichkeit, die in einem Buch zu verbraten. Das ganze Buch hat so circa 80 Bilder, davon sind knapp die Hälfte oder ein Drittel existierende Bilder, teilweise schwarz-weiß, die habe ich dann coloriert. Den Rest musste ich neu zeichnen.


Die Texte haben dann die Aufgabe, diese Geschichte konsumierbar zu machen. Die biografischen Sachen, die ich aufgreife stimmen alle. Sie sind versetzt mit erfundenen Geschichten. Es gibt also nur Sachen die stimmen oder nicht stimmen, es gibt keine Grauzone. Jemand der sich mit der Biografie von Arno Schmid auskennt - das stellt sich jetzt auch heraus wenn das Buch in Arno-Schmidt-Fachpublikationen besprochen wird - stellt sofort fest, welche Sachen nicht stimmen, und können das dann als Humor identifizieren. Wer gar nichts weiß über Arno Schmidt könnte auch denken, das sei eine ausgedachte Biografie.


Man kann das auch als Kinderbuch seinen Kindern vorlesen, wenn die ein bisschen aufgeschlossen sind funktioniert das womöglich auch. Ich habe versucht, das so anzulegen, dass es in beide Richtungen funktioniert: Für die schlaumeierischen Kenner hieb- und stichfest, und die, die bisher nichts weiter drüber wissen, können unter Umständen was lernen und lesen dann vielleicht mal ein Buch von Arno Schmidt. Ob das jetzt besser ist als meine Bücher kann man dann ja feststellen.


Mir gefällt am besten das Bild "Am Schluss muss Arno kotzen", mit den grünen Quadraten.


Ja, das ist auch eine Zweitverwertung, weil das Bild schon im Buch "Der Bulldozer Gottes" drin war. Das ein Bischof mit Bischofsmütze. Die hab ich dann mit Tippex weggemacht, habe die Haare drangemalt und dann die Sachen, die aus dem Mund kommen, in Kotzefarbe angemalt. Dann passte das genau da rein.


(Ans Publikum:) Gibt's noch irgendwelche Fragen von Eurer Seite?


Die Frage ist, wie Ihr jetzt aus diesem endlosen Gerede ein Interview macht?


Muss man halt kürzen.


Das würde ich aber auch sagen, dass man das kürzen muss...


Publikum: Es ist ja ein relativ interessantes Verfahren mit Arno Schmidt. Der ist ja ein Hero und eine Persona non grata. Da findet ja ein Prozess der Profanisierung statt. Das erinnert an ein Verfahren, das man schon länger auch von der Neuen Frankfurter Schule kennt, in dem Fall dann z.B. Adorno. Mich würde interessieren, wie Du zu den Titanic-Leuten stehst, die ja mit Henschel z.B. auch die Reise ins Glück ein bisschen mitgepusht haben.


Das ist ein weites Feld, die Titanic Leute. Henschel find ich einen der wenigen Gegenwartsautoren die ich auch gerne lese, da gibt's ja gar nicht so viele.


Als ich 18 war und diese Henscheid-Trilogie erschienen ist, war das für mich und meinen Freundeskreis so eine Art Offenbarung. Dann habe ich das aus den Augen verloren. Ich habe dann "Der Glanz dieser Tage" eher auf Verdacht an die Titanic geschickt, die ich damals gar nicht gelesen habe, als er 1989 herauskam. Ich hatte eher befürchtet, dass die das nicht besonders positiv aufnehmen. Das ist dann auf dem Tisch von Christian Y. Schmidt gelandet - offenbar genau der richtige. Er hat eine begeisterte Rezension geschrieben, was dazu geführt hat, dass das auch in diesen Kreisen bekannt wurde.


Als es dann so problematisch wurde mit diesem letzten Film "Reise ins Glück", als ich Rechnungen über 20000 Euro vom Kopierwerk auf dem Tisch hatte und nicht wusste wie ich die bezahlen soll, hat Gerhard Henschel angefangen, Benefiz-Veranstaltungen mit seinem Freundeskreis (Leute wie Max Goldt, Harry Rowohlt usw.) zu organisieren. Das Geld ist dann direkt an mich geflossen bzw. an das Kopierwerk oder an Dixi-Klo. Insofern bin ich immer stark unterstützt worden.


Was die Profanierung - oder heisst das Profanisierung? - angeht: Das war natürlich mit eine Überlegung, sich eine Figur zu greifen, bei der es eine fast sektenartige Verehrung und wie bei Arno Schmidt eine Fanszene gibt.


Dann kam dazu, dass ich eine Teil seiner Texte auch tatsächlich gut fand, sonst hätte ich keine Lust gehabt das zu machen. Und jetzt ist erstaunlich und auch erfreulich zu sehen, dass in der Arno-Schmidt-Fachpresse das Buch auch besprochen wird und eher freundlich zur Kenntnis genommen wird. Was mich ja fast ein bisschen verblüfft hat, was ich aber gehofft hatte, weil dann zwei oder drei Leute aus dieser Szene das Buch auch kaufen.


Als du begonnen hast, künstlerisch zu arbeiten oder Filme zu machen: Gab es Inspiration von anderen Künstlern, oder Filmemachern, was den Anstoss gegeben hat, selber was zu machen?


Es gab nie eine Insipration in Form eines Vorbildes. Film hat mich nie interessiert. Ich bin immer ungern ins Kino gegangen, einfach weil ich das blöd fand zu einem speziellen Zeitpunkt, wenn der Film anläuft, an so einen Ort zu gehen, wo dann auch andere Leute sitzen und warten bis das alles anfängt... Heute mit DVD kann man zuhause dazu auch so ne Bockwurst essen, oder was man gerade so machen will..


Die ersten Filme, die mich komplett umgehauen haben, waren Achternbusch-Filme. Mit denen bin ich beim ersten Film in den Kritiken penetrant verglichen worden. Was einerseits völlig verfehlt ist, was andererseits aber auch so ein bisschen verständlich ist die grundsätzliche Herangehensweise betreffend: Das katholische, mit dem privaten Kreis drehen, sich komplett an keine Filmgesetze halten (an die ich mich gar nicht hätte halten können, weil ich die gar nicht kannte.) Es gibt eine Reihe von Achternbusch-Filmen, die ich sehr gut finde, von "Servus Bayern" bis zu "Das letzte Loch", den ich fast einen der besten deutschen Filme überhaupt finde.


Wenn Kritiker zu beschreiben versuchen, was in Filmen passiert, ist es sehr einfach und naheliegend, irgendwelche Namen ins Spiel zu bringen, damit man ungefähr eine Vorstellung hat. Dann gab es in jeder zweiten Kritik ein Vergleich mit Filmemachern, deren Filme ich gar nicht kannte. Vlado Kristl, von dem hatte ich noch nie einen Film gesehen, weil sich das Fernsehen da auch zurückhält.

Im letzten Film wurde das fast irrsinnig. Es kamen permanent Vergleiche mit Terry Gilliam, dessen Filme ich überhaupt nicht schätze. Wobei er in seiner Monty Python-Zeiten natürlich tolle Sachen gemacht.


Mir ist aber klar, wo diese Vergleiche herkommen: sehr detaillierte und liebevoll gebaute Kulissen, eine Vorliebe für Psychedelik, Fischaugenoptik usw., da gibt es natürlich eine Parallele. Dann tauchten permanent Vergleiche mit diesen Jeunet auf, der hat diesen wirklich schrecklichen Film "Die fabelhafte Welt der Amelie" gedreht.


Gab es auch mal einen Vergleich mit Schlingensief?


Schlingensief war zu "Sommer der Liebe"-Zeiten permanent. Mit Schlingensief hat das alles auch gar nichts zu tun.


Ich finde, diese Vergleiche sind verfehlt, aber auf eine Art auch schmeichelhaft. Als relativ unbekannter Regisseur mit Terry Gilliam verglichen zu werden, schadet im Zweifel nicht, selbst wenn der Vergleich hinkt.


Wenn ich meine Filme in einer Kurzform beschreiben soll, bin ich selbst ja völlig überfordert, das kann ich gar nicht. Das müssen dann die Kritiker leisten. Und wenn ein Film fertig ist, kann man die Zeitung aufschlagen, und dann wird einem erzählt, was man gemacht hat. Es gibt ja auch Kritiken, die das richtig gut auf den Punkt bringen.


Ich hatte eine Großmutter in Hildesheim, die war sehr katholisch. Ich bin in Oldenburg groß geworden, eine sehr protestantisch geprägte Stadt. Für mich ist Hildesheim verbunden damit, dass ich mit 9, 10, 11 Jahren mit meiner Großmutter am Sonntag in den Dom gegangen bin, und wir das endlose Hochamt inklusive Bischof über uns haben ergehen lassen. Meine Großmutter in didaktischer Absicht, und ich ziemlich gelangweilt.


Mich hat es immer fasziniert, dass da jemand aus Hildesheim kommt, und sich dieses katholischen Themas annimmt. Du hast ja gerade gesagt, es interessiert dich nicht, die Wirklichkeit abzubilden, weil die sieht man ja vor dem Fenster. Ich habe mich dann aber auch immer gefragt: Ist Hildesheim in Deine Filme - so subkutan wie auch immer - in irgendeiner Form eingegangen? Gibt es - mir gar nicht deutliche, aber Dir ganz präsente - Spuren dieser Stadt Hildesheim?


Zwei Sachen, die mir dazu spontan einfallen: Einmal ist Hildesheim gar nicht katholisch. Hildesheim ist Diaspora und eigentlich evangelisch. Es gibt um die Stadt herum einen Gürtel aus knallkatholischen Dörfern, da bin ich aufgewachsen.


Wo Du das sagst mit den endlos langen Messen: In den siebziger Jahren gab es in meiner Pfarrgemeinde einen uralten Dechanten, der stundenlange Messen gefeiert hat. Und er hatte zum Schluss eine Schwäche in den Augenlidern, die ihm - am Altar - runtergeklappt sind und dann stand er im Dunkeln. Dann passierte gar nichts. Er hat versucht die Augenlider wieder hochzukriegen, und man hat in der Kirche gesessen und gehofft dass das irgendwie klappt. Irgendwann ging die Messe weiter, man wusste aber, das passiert gleich wieder. Insofern kann ich bestätigen dass in Hildesheim die Messen sehr lang waren, nicht nur im Dom.


Das kann ich selber schlecht beurteilen inwieweit Hildesheim da einfliesst. Natürlich tut es das direkt dadurch, dass in Hildesheim gedreht wurde. Hildesheim ist landschaftlich sehr abwechslungsreich. Da gibt es so Stellen im Wald, die sehen aus wie in Afrika. Dann ist es ein gutes Pflaster für Laienschauspieler. In Hannover hätte ich das nicht machen können. In Hildesheim sind sehr viele Leute, die bei so einem Film mitmachen, ohne Allüren zu entwickeln.


Hildesheim liegt ja zwischen zwei Orten, die ich beide eigentlich ganz schrecklich finde, nämlich zwischen Hannover und Braunschweig. Jeder der mal in Hannover oder Braunschweig war, weiß ja wie das da so ist... das ist trauriges depressives Gebiet.


Hildesheim ist auch nicht viel besser, aber so ein bisschen besser. Das ist jetzt auch kein Lokalpatriotismus, das ist glaub ich einfach Provinz, und deswegen hat das da so gut funktioniert.

Wo wir das grad hatten mit Herbert Achternbusch, der hat das auch alles mit seinem direkten Umkreis gemacht. Das war ja glaub ich auch nicht direkt in München, sondern das war in Ambach in einem dörflichem Umfeld. Das ist vielleicht ein guter Nährboden dafür... Aber jetzt verlier ich mich schon wieder in philosophischen Versuchen.. das geht immer nicht gut aus.


Ich hätte noch eine Frage, die aber in eine etwas andere Richtung geht. Die hängt damit zusammen, dass ich Hildesheim damals auch als eine sehr provinzielle Stadt empfunden habe. Aber es gibt inzwischen die Uni, das war früher eine Fachhochschule, mit den Studiengängen "Kulturelles Schreiben" und "Kulturwissenschaften". Es wäre ja naheliegend, dass die auf dich zukommen, und sagen "Machen wir mal was zusammen!". Gab es da irgendwann mal eine Zusammenarbeit?


Ja, die haben mich mal eingeladen, dann hab ich da ne Lesung gemacht, in dem Fall war das ja eine Vorlesung. Es ist aber so, dass alles was mit akademischen Sachen zu tun hat, sehr weit weg ist von den Sachen die ich mache, und für mich nicht besonders anziehend. Ich bin auch noch nie gerne zur Schule gegangen. Ich könnte gut einen Vortrag darüber halten wie man Filme dreht, die vielleicht nicht so erfolgreich im Kino sind. Oder wie man es nicht machen sollte. Das ist vielleicht gar nicht so gewollt von denen.


Das ist eine Welt mit der ich nicht viel zu tun habe. Es gibt in Hildesheim unglaublich viele Studenten, die kreative Sachen machen. Da kriege ich gar nichts davon mit, ich mache meinen Kram. Da gibt's ganz viele die gar nicht wissen dass ich da in der Stadt etwas mache. Das existiert so nebenher. In einer riesengroßen Stadt wie München wäre das gar nicht so verblüffend, aber in Hildesheim fast schon.


Als ich eingeladen wurde in die Uni, ging es um "Diletantissmus" im weitesten Sinne (Das ist ein Begriff, da würde ich mich eigentlich dagegen verwahren) Aber vorher ging es um Wolfgang Müller und "Die tödliche Doris", von daher passte das schon. Als die mich eingeladen hatten, war es ihnen nicht bewusst, dass ich überhaupt in Hildesheim wohne. Das berührt dann auch die vorherige Frage: Wenn man sich einen meiner Filme ankuckt, müsste man es theoretisch sofort sehen, aber das ist künstlerisch vielleicht so verfremdet, dass man die Orte gar nicht wiedererkennt.


Ich merke dass der Alkohol zu wirken beginnt, meine Antworten werden philosophischer...


Gibts noch mehr Fragen? Ansonsten wäre das ein super letzter Satz..

Dann vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und schön, dass Du da bist.


Ich bedanke mich auch für das lange Zuhören.