Dienstag, 23. Januar 2018, 20 Uhr
iRRland, Bergmannstraße 8, München
»Die Kristallisation der Grundidee des Faschismus, seiner Philosophie und Mythologie, bleibt unverständlich, wenn man sie nicht auch als eine Revolte gegen den Materialismus begreift.«
– Zeev Sternhell, Die Entstehung der faschistischen Ideologie
»Jahrhundertwende« ist eine filmische Reflexion zum Verhältnis von Aufklärung und Romantik, Spätkapitalismus und (Neo-)Nazismus.
In der Konfrontation von Gegenwartsbildern mit historischen Texten des fortschrittsoptimistischen Marxismus des 19. Jahrhunderts und der völkisch-antisemitisch grundierten Fortschrittskritik des frühen 20. Jahrhunderts möchte der Essayfilm noch einmal die Dialektik einer Aufklärung nachvollziehen, die unvollendetes Projekt blieb.
Zugleich hinterfragt der Film das vom TV-Dokumentarfilm gewohnte Verhältnis von Publikum und gesprochenem Kommentar. Gegenwartsbilder und Zitate historischer Texte kommentieren sich in Liewerscheidts Montage wechselseitig und lassen Raum, selbst zu denken. Die offene Form des Films, der die Erwartung eines »allwissenden Erzählers« als vermittelnder Instanz gezielt unterläuft, erlaubt unterschiedliche Zugänge und fordert ein kritisches Publikum, das bereit ist, »sich seines eigenen Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen«.
Im Anschluss an die Filmvorführung steht der Regisseur zur Diskussion mit dem Publikum bereit.
»Jahrhundertwende«, Essayfilm, D 2012, 30 Minuten, Regie: Moritz Liewerscheidt