Samstag 1.11.14 bis Samstag 22.11.14 .... Hartmut Geerken & Hartmut Andryczuk Die Heliozentrische Egozentrale
Filmreihe im iRRland, Bergmannstraße 8, München (Westend)
Eintritt frei
Samstag, 8.11.14, 19 Uhr
Hartmut Geerken: Die weisse Leinwand ist ein rotes Tuch
Ein wilder Film aus dem Afghanistan der 70er Jahre, wo Hartmut Geerken bis zum Einmarsch der Sowjets lebte, collagiert und kombiniert mit den damaligen Medienbildern. Der 16mm-Film ist seit 1976 in Arbeit und dauert derzeit 16 Stunden. Ein ca. einstündiger Auszug dieses Found-Footage-Films wurde 2009 vom Hybriden Verlag zum ersten Mal in einer Edition im Rahmen von „mimas atlas # 8“ veröffentlicht.
Auswahl von Kurzfilmen und Dokumentationen aus
Djinn der Nordsee / VIDEODIARIUM 2004 / RITUALWORT - Literatur & Sprachvideos
Sa. 15.11.14, 19 Uhr
Hartmut Geerken/John Tchicai/Famoudou Don Moye:
The Freetown-Concert
Moye tutet auf einem Muschelhorn. Tchicai, ganz in Weiß, schlägt Wasser in roter Plastikwanne. Die Kamera schwenkt für einige Minuten auf eine Wand, wo ein s/w-Ausschnitt läuft aus Geerkens found footage opus Die weiße Leinwand ist ein rotes Tuch – Felsbrocken-werfen im Sakko, Christian Burchard der Embryo, Wanderung in Afghanistan, verschneiter Schrott, US-Fetzen, Martin Luther King, die Monroe, europäischer Salat. Derweil repetiert Tchicai eine Phrase, Moye agiert solo. Kurze schwarze Pause, dann geht’s los. Milo Jazz, die siebenköpfige Trommelgruppe der National Dance Society von Sierra Leone, kocht uptempo mit einer so irrwitzigem Präzision, daß das bloße Wort Metronom schon zur Beleidigung wird. Moye dabei, close ups zeigen djembes, Schlitztrommel, kleine Trommeln und agogo. Tchicai erzählt und malt Bilder, er steht halb im Publikum, das auf Stühlen aufgereiht mit starrer Verwunderung das Geschehen verfolgt. Die Weißen bleiben konzertant steif sitzen, selten bewegen sie ihre Köpfe, man weiß nicht ob gelang-weilt oder amüsiert. Sehr hübsch die jungen Damen in der ersten Reihe, die, in Röcken, alle ihre linken Knie übers rechte gelegt haben. Die Schwarzen, meist in erlesenen Roben, scheinen zu wissen was da vorgeht. Waren etwa 200 Leute in der Halle? Walter Mertins von der deutschen Botschaft hatte mit klarem Auge eine ruhige Hand an der Videocamera, einer Neuheit in dieser Gegend. Blick um Blick addiert sich ein Gesamteindruck von dem denkwürdigen Ereignis am 6. April 1985 in Freetown. Tchicai deklamiert, Geerken präpariert Piano und Radio, was sich nahtlos in die schwarzen Kontexte einfügt. Die Kamera geht hinter die Bühne, schaut über verschiedene Schultern. Moye liefert eines dieser unendlich intensiven, nahtlos fließenden drum-Soli, oben der Paiste-Mond, dann oszillierendes cymbal work. Ein schwarzes Tanzpaar, und Geerken spielt eine seiner Lieblingsrollen, den Hauskasper: einen singenden Schlauch in eine tibetischen Kurztube gesteckt, schwingend und trötend, läuft er überall herum durchs Publikum. Am Schluß löst sich’s auf in ehrlichen starken Applaus, sie wollen doch more. – Dann was Anderes, ein rares ethnographisches Dokument. Gute 18 Minuten ohne Ton. Das regt an. Gefilmt von Geerken und Sigi Hauff, Super-8. Musikfest in Rokupr, einem Ort an der Grenze zu Guinea. Happy black folks: der Geist, der Baldachin, ein T-Shirt „Jumbo“, Cube, ineinander verfilzte Tän-zerklumpen, linksdrehend, riesige Zanzas, die Trommlerinnengruppe, Kinder, Farben, Durcheinander – – Im Hybriden Verlag des nimmermüden Hartmut Andryczuk ist also erschienen, was im Juniheft des JP, S. 78 angekündigt wurde. Der letzte Satz muß nur leicht korrigiert werden: Es sind doch nicht die Musiker, die sich an Lianen baumwärts schwingen, sondern, ganz am Schluß, ein Artist, der als fliegendes Spinnenwesen in einem Geflecht von Seilen zwischen zwei langen Stangen acht oder zehn Meter hoch in der Luft überm Publikum unglaubliche Faxen macht .... Afrika hoch! Sowas wie der Felix Ultraschall-Baumgartner war dort schon längst bekannt! Daß auch dies ein Denkmal für John Tchicai werden sollte, konnte keiner vorher wissen. (Detlef Thiel in „Jazzpodum", Februar 2013)
DVD-Video. Erschienen in der Reihe „Elektronikengel“, Berlin 2012, 68 min
Auswahl von Kurzfilmen und Dokumentationen aus
Djinn der Nordsee / VIDEODIARIUM 2004 / RITUALWORT - Literatur & Sprachvideos
Sa. 22.11.14, 19 Uhr
Hartmut Geerken: kasr el nil
Die „Kasr-el-Nil“ ist eine Hauptverkehrsstraße in Kairo, wo Hartmut Geerken Leiter der Sprachab-teilung des Goethe-Instituts war. Aus einem Hotelfenster filmte Geerken im Jahre 1967 die Szenerie des Verkehrs, der Gestalten und ihrer Schatten mit einem Super-8-Film. Unterlegt wird dieser Videokurzfilm mit dem Sound des Autors und Musikers, einer seltsamen Perkussion auf eine Steckdose sowie Umgebungsgeräuschen aus dem Radio. DVD-Video, Berlin 2010
Michael Lentz: Lentz in Moskau
Der Autor beschimpft volltrunken russische Schlagerstars in einem Moskauer Hotel. Gesichtet von Oberst Andryczuk. Video-DVD, Dauer: 3:24 min. Berlin 2005
Auswahl von Kurzfilmen und Dokumentationen aus
Djinn der Nordsee / VIDEODIARIUM 2004 / RITUALWORT - Literatur & Sprachvideos
An jedem der drei Abende zeigen wir eine Auswahl von Kurzfilmen und Dokumentationen aus
Djinn der Nordsee
24 Kurzfilme & Dokumentationen mit Wolfgang Müller, Valeri Scherstjanoi, Michael Lentz, Max Müller, Wolfram Spyra, Hartmut Andryczuk u.a. Ausgewählt und herausgegeben von Hartmut Andryczuk. Video-DVD von ca. einer Stunde Länge. mimas atlas # 5, Berlin 2007.
VIDEODIARIUM 2004
Mit Wolfgang Müller, Valeri Scherstjanoi, Wolfram Spyra, Michael Lentz, Klaus Beyer, Jörg Buttgereit, Frank Behnke, Eugen Gomringer, Windows-Viren, dem Inox-zuhause-Museum, Fussgängerzone und Sporthotel Barsinghausen, Landeskrankenhaus Hildesheim, Kulturforum Berlin, Springe/Deister, Luxembourg, Gent, Art Frankfurt, Klippur frá Reykjavik im Frisörsalon Beige, V1/V2-Museum Peenemünde und diversen Orten von Elektronikenegls Botschaft mit seinen Dokumenattionen u.v.a.m. DVD, Berlin 2005
RITUALWORT - Literatur & Sprachvideos
Literatur- und Sprachperferformances von Valeri Scherstjanoi, Ulrike Draesner, Namosh, Tilmann Lehnert, Felix Martin Furtwängler, Sergej Birjukov, Jörg Schröder, Mara Genschel, Stephan Krass, Thomas Schulz, Jan Peter Bremer, Arne Rautenberg, Hadayatullah Hübsch, Maja Jantar, Ulrich Woelk, Wolfgang Müller, Hartmut Geerken und Hartmut Andryczuk.
department of volxvergnuegen präsentiert
Hartmut Geerken & Hartmut Andryczuk
Die Heliozentrische Egozentrale
Samstag 1.11.14 - 20 Uhr Glockenbachwerkstatt, Blumenstraße 7 | Eintritt 4 Euro
Hartmut Geerken & Hartmut Andryczuk lesen, sprechen, erzählen, diskutieren und spielen zu und über ihre Werke, die mit, neben, über dem Hybriden-Verlag (Berlin) - oder auch ohne ihn - entstanden sind. Dazu stellt Hubert Kretschmer Exponate aus seinem Künstlerbuch-Archiv aus.
Hartmut Geerken bezeichnet sich selbst als Autor, Komponist, Musiker, Filmemacher, darstellender Künstler, Schauspieler, Holzfäller, Shiitake- & Hummelzüchter, Mykologe, Archivar, Ausstellungsmacher und Herausgeber zahlreicher Autoren aus dem Umfeld des Literarischen Expressionismus und Dada.
Geerken gründete und leitete das 'Cairo Free Jazz Ensemble' und als Musiker spielte er mit der 'Cairo Jazz Band', 'Embryo' und 'Mondtrommler', 'The Cross', 'The Heliopolar Egg' , der 'Rock and Free Jazz Group Kabul', dem 'Trio Tchicai-Geerken-Moye' und mit dem 'Art Ensemble of Chicago', er unternahm ausgedehnte Tourneen vor allem durch Asien und Afrika.
Hartmut Andrycuk hatte erste Auftritte und literarische Performances mit der Gruppe Solypse - Charmante Schamanen. Herausgabe der Solypse-Prospekte. Mitte der 1980er Jahre war er an Chanskaja stawka, einer Hommage an den russischen Futuristen Welimir Chlebnikow, beteiligt. Ende der 1980er Jahre gab Andryczuk die Zeitschrift teraz mowie - Hefte für experimentelle Literatur und Kunst mit über 100 Teilnehmern in diesem Bereich heraus. 1993 gründete er den Hybriden-Verlag, der sich zu einem internationalen Forum für zeitgenössische Künstlerbücher entwickelte. Kontinuierliche Zusammenarbeit erfolgte mit Wolfgang Müller/Die Tödliche Doris, Hartmut Geerken, Pierre Garnier, Freddy Flores Knistoff, Michael Lentz, Ulrich Woelk, Jaap Blonk, Herman de Vries und anderen.
Zusätzlich zeigt Hubert Kretschmer an diesem Abend in der Glockenbachwerkstatt eine Auswahl von Exponaten des Hybriden-Verlags aus seinem Archiv Künstlerbücher/Archive Artist Publications.
Hartmut Geerken www.hartmutgeerken.de
Hartmut Andryczuk www.hybriden-verlag.de
Hubert Kretschmer / Archive Artist Publications www.artistbooks.de
Seit 1980 sammelt, archiviert und dokumentiert Hubert Kretschmer im Archive Artist Publications Künstler-Publikationen: Zeitschriften, Flugblätter, Künstlerbücher, Zines, Multiples, Plakate und vieles mehr. Inzwischen umfasst die Sammlung einige 10.000 Items und ist über eine im Internet öffentlich zugängliche Datenbank zu erforschen.
Mit dem Archiv hat Hubert Kretschmer stets das Ziel verfolgt, nicht nur seine Sammlung von Künstlerbüchern zu erweitern, sondern auch das Umfeld und den Zeitgeist zu dokumentieren, in dem die Bücher entstanden sind: Multiples, Plakate, Einladungen, diverse Tonträger, Fotokopien, Briefmarken, Videos, Zines, CDs, Lieferverzeichnisse, Zeitschriften, Websites und Sekundärliteratur und Ausstellungskataloge. Die Exponate spiegeln die Kunstströmungen der letzten dreißig Jahre bis heute wider: die Ausläufer des Fluxus, des Happenings und der Aktionskunst, Mail Art, Stamp Art, die Neuen Wilden, Konkrete und visuelle Poesie, Konzeptkunst und Copy-Art.
Die Veranstaltung und die Filmreihe wird gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München.